Bedrohter Sehnsuchtsort! Die an Sassnitz angrenzende Stubnitz und deren Kreideküste ist nicht nur ein Sehnsuchtsort der deutschen Romantik, sondern steht auch in enger Beziehung zur Familiengeschichte des Künstlers Sven Johne. Für den VISIT-Stipendiaten spiegelt die Landschaft auch die Tragödien des 20. Jahrhunderts wider. Sie steht für Erinnerungen an Krieg, Flucht, Gewalt. In seinem Film „Vom Verschwinden / On Vanishing" fragt er nach den gesellschaftlichen, vor allem aber persönlichen Folgen, wenn Meeresspiegel steigen und Küsten ins Meer stürzen, wenn also „Klimawandel“ individuell spürbar wird.
Der Film ist Teil seiner vierten Einzelausstelllung in der Galerie Nagel Draxler. Die digitale Collage „Nabel der Welt“ ist hier erstmals zu sehen und gab der Ausstellung den Namen. Sie basiert auf einer Feldforschung des Künstlers in seiner Heimat Sassnitz, die er vor dem Hintergrund der kontroversen Debatten um die von dort verlegte Erdgasleitung Nord Stream 2 unternahm. Nach der Drohung dreier republikanischer US-Senatoren von „vernichtenden Sanktionen, sollten dort weiterhin Schiffe für das russisch-deutsche Pipeline-Projekt Nord Stream 2 ausgerüstet werden“, geriet das Ostseestädtchen im Sommer 2020 mit einem Mal zwischen die Fronten großer Mächte – Fronten, die nach Auffassung von Johne, nicht nur zwischen den USA, Russland und Deutschland verlaufen, sondern auch innerhalb der EU (insbesondere zwischen Deutschland und Polen), zwischen Energieunternehmen und Umweltschützern, zwischen einem (eher pro-russischen) Ostdeutschland und einem (eher anti-russischen) Westdeutschland. Die Gespräche, die Johne in Sassnitz geführt hat, wurden zur Grundlage für die in der Arbeit versammelten Stimmen.
Die Ausstellung „Nabel der Welt" läuft vom 21. Mai bis 20. August 2022 in der Galerie Nagel Draxler. weitere Informationen