A Power Remains is an artistic investigation into the forces behind large-scale innovations in transport and mobility. Point of entrance for the project is the former test track of the Transrapid magnet-levitated train in Emsland, which was taken out of service in 2011 and left abandoned in the landscape. Although the track no longer serves its original purpose, it still seems to radiate a particularly energetic power. As a kind of arcade, the track symbolises the belief in technological innovation, the determination of engineers and the unpredictability of how the future eventually takes shape.
History hides plenty of, sometimes successful but mostly unsuccessful, technological innovations that would change the ways of traveling in the future to come. On their way Greber and Kuypers will carry out performative interventions on site and create sculptural relics from old parts and remnants. Their aim is to create a point of silence within the speeding pace of technological development: a monument to rethink the future. Here one can ask questions about the belief in innovation, the powers that shape it and what in the end becomes reality.
#VISIT2020
Website Ben Greber
Website Bram Kuypers
Worum geht es in der Trilogie „Processions“? Was war euer Ausgangspunkt?
Bram Kuypers: Für mich ging es damit los, dass ich auf Google Maps zufällig diesen riesigen Kreis entdeckte und als ich heranzoomte, sah ich, dass ich dort als kleiner Junge schon mal gewesen war – die Transrapidteststrecke. Ich hatte das fast vergessen, es war irgendwann in den 90ern gewesen. Als ich mir dann Fotos von der Strecke ansah, war ich sofort fasziniert - wegen ihrer riesigen Ausmaße und merkwürdigen Erscheinung, die wie ein Aquädukt wirkt - etwas Vergangenes aber gleichzeitig etwas Modernes.
Ich fragte Ben, ob wir dort nicht zusammen hinfahren sollten und er war sehr interessiert. Aber er hatte sicherlich seine eigenen Gründe dafür.
Also fuhren wir nach Lathen und sahen uns die Strecke an. Wir waren begeistert von der Architektur und besonders davon, wie sie gleichzeitig auf die Zukunft und die Vergangenheit zu verweisen scheint. Die Strecke ist im Begriff zu verfallen aber trotzdem wirkt sie sehr futuristisch. Ich denke, das war der Initialpunkt – nicht nur, uns weiter mit der Strecke zu beschäftigen, sondern auch nach weiteren Beispielen für Ruinen innovativer Versuchsanlagen zu suchen. Und wir fanden bald heraus, dass es einige solcher Orte gibt,
z. B. in Japan. Aber es gab auch andere Projekte in Deutschland wie die Alwegbahn in Köln. Aber die meisten Strecken sind zerstört und nicht mehr sichtbar. Die Transrapidstrecke und die des Aerotrains in Frankreich sind die intaktesten. Sie sind sich sehr ähnlich, zumindest von ihrer architektonischen Qualität her. Und ich denke [lacht] wegen der Heiligen Dreifaltigkeit brauchten wir noch eine dritte Situation. Und Hyperloop war eine sehr logische Wahl.
Ben Greber: Dass wir vor der Transrapidstrecke standen und darin eine religiöse Formsprache entdeckten, damit hatten wir selber nicht gerechnet.
BK Die Motive sind natürlich technischer und ökonomischer Natur aber man kann sie nur erschaffen, wenn man an etwas glaubt, was es in dem Moment noch nicht gibt. Und dieser Glaube scheint in der Architektur sichtbar zu sein. Man sieht auch, dass die Vorstellung von Zukunft unterschiedlich aussieht, in den 60er Jahren oder den 80er Jahren.
Das greift einen wichtigen Gedanken der Moderne auf, dass man durch Innovation und technischen Fortschritt eine bessere, vielleicht utopische Welt schaffen kann. Das hat ja ganz viel mit einem Glauben zu tun, der gar nicht unbedingt religiösen Ursprungs ist. Es gibt bei der Transrapidversuchsstrecke diesen Moment, in dem man merkt, dass sich die Zukunft selbst überholt hat: Um mal auf den Aspekt der Zeitlichkeit zu kommen, der in der Arbeit steckt.
BG Ich denke schon, dass es an irgendeinem Moment der Geschichte einen Wechsel gab. Während die Vorstellung und Darstellung von Utopie lange mit religiösen Überlegungen verbunden war, wurden sie ab irgendeinem Punkt - vielleicht Ende des 20 Jahrhunderts -plötzlich in Zusammenhang mit technischem Fortschritt gebracht.
Und diese Verwandtschaft zeigt sich ja besonders im ersten Film, für den ihr den Titel „Procession 1“ gewählt habt. Inwiefern wird die Idee nun im zweiten Teil weiter behandelt?
BG Im zweiten Teil filmen wir Bram, wie er über die stillgelegte Aerotrain-Teststrecke in Frankreich läuft. Was auch tatsächlich die Ausgangsidee des ganzen Projekts war. Wir hatten dieses Abschreiten der Strecke von Anfang an als Prozession verstanden, Prozession als ein Ritual und Ritual als eine Verbindung von Vergangenheit und Zukunft. Weil es etwas ist, was immer wiederkehrt und was man immer wieder in gleicher Weise tut.
Im Sinne von: Früher ist ein Zug gefahren, und es gibt die Vorstellung, dass diese Technik in Zukunft vielleicht wieder eingesetzt wird. Diese Handlung des Prozessierens auf der Strecke ist also eine überbrückende Handlung der Hoffnung und des Glaubens.
BK Ich muss grade darüber nachdenken, dass es bei „Procession 1“ am Ende so ist, dass das utopische Objekt – der erwartete Hochgeschwindigkeitszug – durch so eine primitive Konstruktion wie das Wartungsfahrzeug dargestellt wird. Die ganze Idee von Zukunft wird komplett zerstört von der Realität und diesem dummen Wartungsfahrzeug.
Und ich muss daran denken, dass es vielleicht immer so ist. Am Ende ist die Zukunft immer ein Kompromiss zwischen der Utopie und der Wirklichkeit. Beim Aerotrain war es auch so. Die Idee war ja schön und gut. Aber zum Schluss hatten sie einen Düsenjet auf 10 Metern Höhe, der mit 400 Km/h über die Landschaft flog. Das ging natürlich nicht: Mit Jet Turbine! Das ist so idiotisch, dass natürlich zum Schluss ein TGV gebaut wurde. Der Kompromiss ist das, was letztendlich umgesetzt werden kann. Und das finde ich auch beim Hyperloop sehr interessant. Die große Idee, einen Schlauch um die ganze Welt zu legen... aber was soll das am Ende bringen und wie soll das möglich sein - auch politisch?
Wie seid ihr denn auf den Hyperloop gekommen? Die Ästhetik ist ja da eine ganz andere. Es ist ja auch formal eine ganz andere Geschichte, dass man sich durch eine Röhre bewegt. Und auch die Arbeit hat sich in „Procession 3“ entsprechend verändert. Ihr seid ja dieses Mal nicht die Trasse abgelaufen, sondern habt sie eher von außen beobachtet.
BG Während der Dreharbeiten an der Aerotrain-Teststrecke aus den 60ern und der Transrapidteststrecke aus den 80ern hatten wir festgestellt, welch unterschiedliche Vorstellung von Zukunft in ihnen eingeschrieben sind. Diesen Unterschied wollten wir unbedingt weiter untersuchen, daher wollten wir im letzten Teil der Trilogie auch die aktuellste Technik dokumentieren, die sich zurzeit erst in der Entwicklung befindet.
Es geht in allen drei Teilen von „Processions“ immer auch um die Beziehung zwischen dem Bauwerk und der Landschaft. Also was macht es mit der gegenwärtigen Umgebung, wenn sie von dieser die Zukunft repräsentierenden Linie durchschnitten wird?
BK Wir haben eine ganz schöne Broschüre vom Transrapid. Darin gibt es eine Illustration, die zeigt, wie einfach die Strecke die Landschaft überwinden kann, weil sie auf Pfeilern steht. Ich glaube es gab auch ein Hyperloop Promotion Video. Darin sieht man, wie die Trasse die Landschaft einfach durchschneidet, wo sie will. Sie hat immer dieselbe Höhe. Dann kommt ein Tunnel, dann ein See, dann noch ein See…
BG Also eigentlich ignoriert sie die Landschaft um sich herum vollständig?
BK Ja genau. Ich glaube jede Hochgeschwindigkeitstrasse ist so gebaut.
War es beim Hyperloop möglich, dass ihr da mal reingucken konntet?
BG Nein, wir waren zwar mit Virgin im Kontakt, am Ende haben sie uns aber nicht empfangen. Wir haben es dann drauf ankommen lassen und sind einfach hin, weil es im Grunde in unser Konzept passte. Wir hatten von vornherein viel darüber gesprochen, dass im Gegensatz zu Transrapid und Aerotrain hier alles im Verborgenen stattfindet, in der Röhre. Wenn man außen in der Landschaft steht, kriegt man nichts davon mit, dass Menschen mit Überschallgeschwindigkeit an einem vorbeigleiten. Es dämmerte uns schon, dass diese Ausklammerung der Umgebung ein wichtiges Thema im dritten Teil werden könnte. Und so kam es dann auch. Als wir anfingen zu filmen, hat sich das immer deutlicher abgezeichnet, dass wir es eigentlich viel spannender finden, was abseits der Strecke passiert. Das ging aber auch schon in Frankreich los, wo wir anfingen, leere Schrothülsen und Schnapsfläschchen neben der Strecke einzusammeln.
Die Landschaft in Nevada ist aber viel archaischer, da sie viel langsamer arbeitet. Die geologischen Veränderungen und auch die Flora entwickelt sich wesentlich langsamer. Da sind viele Prozesse ablesbar, die weit in die Vergangenheit verweisen. Und auch die Überreste menschlicher Einflüsse verwittern kaum. Wir fanden so viele Artefakte menschlicher Nutzung, die dann eine große Rolle in „Prozession 3“ spielten. Es geht hier um die Spannung zwischen Vergangenheit und noch nicht eingelöster Utopie.
BK Ich finde es außerdem interessant, dass dieses Mal die filmende Drohne selbst die Prozessierende ist, die sich der Zukunft annähert. Durch die kaputte Landschaft prozessiert sie auf die Zukunft (in Form der Hyperloop-Röhre) zu. Es wird aber hauptsächlich die Landschaft gezeigt.
Was ich am Hyperloop spannend finde ist, dass es - wie ihr sagt - Teil der Landschaft ist, sie aber gleichzeitig total ausschließt und damit ist es ja vielleicht auch eine Art von Dystopie, von Trennung zwischen Mensch und Natur. Während bei den anderen Techniken eine Landschaftswahrnehmung noch möglich ist und hier ist es ja eigentlich völlig losgelöst. Die Erde könnte drum herum der völligen Desertifikation zum Opfer fallen. Es würde keiner bemerken.
BG Absolut. Bram und ich machten beide eine mehrtägige Autofahrt nach Nevada. Bram kam aus Arizona, ich kam aus LA. Und die Dreharbeiten standen sehr unter dem Einfluss der Reise durch dieses scheinbare Wasteland. Wo die Leute in ihrem eingezäunten Hektar Land sitzen und auf Blechbüchsen ballern, weil es nichts anderes zu tun gibt. Sie schienen uns so völlig ausgeklammert von der Gesellschaft.
BK In den Kutschen der europäischen Könige wurden die Fenster mit Teppichen verhangen um ihnen den Anblick des Elends zu ersparen. Auch so eine Art von Ausklammerung.